Das mischt die Karten neu. Denn nun müssen die Stars erstmals mit der neuen Situation umgehen lernen. Sie reisen nicht nach dem Abschluss einer Saison zu diesem Event an, sondern mittendrin. Kein Wunder also, dass zahlreiche Teams zum Favoritenkreis gezählt werden. Ob und wie sehr sich der überfüllte Spielplan auf die Leistungen der Fußballer auswirken wird, ist noch offen. Immerhin wirbelt die Verlegung der Fußball-Weltmeisterschaft den Spielplan der Ligen kräftig durcheinander.
An der Belastungsgrenze angekommen?
In Deutschland wird die Winterpause diesmal zwei Monate betragen. Die Stars müssen also inmitten der laufenden Saison nicht nur die heimische Liga, sondern auch die Cup-Bewerbe, die UEFA-Ligen und das wichtigste Fußballturnier der Welt bewältigen. Das könnte sich auf ihre Leistungsfähigkeit auswirken. Jüngst zeigte eine Studie aus England und Deutschland auf, dass ermüdete Fußballer mit vollen Spielplänen ihre hochintensiven Sprints reduzieren, um ihre Kräfte zu schonen. Doch genau diese Sturmläufe gehen in den meisten Fällen einem Tor voraus. 45 Prozent der Treffer fallen nach so einer Aktion. Müdigkeit wirkt sich also direkt auf die Torquote aus.
Ob es in Katar tatsächlich zu weniger Treffern als gewohnt kommt, bleibt jedoch abzuwarten. Immerhin wartet das Turnier am Persischen Golf mit zahlreichen weiteren Neuerungen auf. Dazu zählt auch eine halbautomatische Abseits-Technologie. Sie ist nach der Einführung des Videobeweises der nächste Schritt zu einer verstärkten Technologisierung des Fußballs.
Wie stark ist Mitfavorit Deutschland?
Angesichts des schlechten Abschneidens der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der letzten Fußball-Weltmeisterschaft in Russland und dem bescheidenen Erfolg bei der Fußball-Europameisterschaft hatten die Fans hierzulande bereits ihre Erwartungen nach unten geschraubt. Doch mit dem Wechsel auf der Trainerbank steigen die Hoffnungen auf zahlreiche Siege in Katar. Verantwortlich dafür ist jener Mann, dem man bereits in der Vergangenheit nachgesagt hat, im Hintergrund die Weichen für den Erfolg in Brasilien gestellt zu haben.
Der ehemalige Assistent von Joachim Löw und Meistertrainer des FC Bayern München riss das Ruder in kürzester Zeit herum. Hansi Flicks bisherige Bilanz kann sich sehen lassen. Nach 13 Spielen unter seiner Regie ist die Deutsche-Fußball-Nationalmannschaft weiter unbesiegt. Neun Erfolge stehen vier Remis gegenüber. Der klare Sieg gegen den jahrzehntelangen Angstgegner Italien bei der UEFA Nations League sollte bei Thomas Müller und Co. endgültig alle Fesseln lösen und die Fußballer befreit aufspielen lassen. Doch die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist nicht der Top-Favorit auf den Titel.
Südamerika gegen Europa
Dieser heißt Brasilien. Die Gastgeber von 2014 brennen darauf, endlich ihren 6. Titel zu gewinnen. Superstar Neymar fehlt weiterhin ein großer internationaler Erfolg, das möchte er nun in Katar nachholen. Doch die Konkurrenz ist groß. Sie kommt nicht nur aus Europa, sondern auch aus dem Nachbarland von Brasilien. Paris Saint-Germain-Teamkollege Lionel Messi steht vor der letzten Fußball-Weltmeisterschaft seiner Karriere. Der möglicherweise beste Fußballer aller Zeiten will die letzte Chance nutzen und den Titel nach Argentinien holen. Damit würde er endgültig mit der Legende Diego Maradona gleichziehen.
Doch ihn erwarten harte Gegner aus Europa. Das werden neben Deutschland vor allem Frankreich und Spanien sein. Der Titelverteidiger aus Frankreich konnte zuletzt allerdings wenig überzeugen. Der Auftritt bei der UEFA Nations League zeigte eine desolate Mannschaft, der jetzt sogar der Abstieg in die Gruppe B der UEFA Nations League droht. Doch die Stars rund um Kylian Mbappé haben noch einige Monate Zeit, um ihre Form zu finden. Diese werden sie angesichts der starken Gegner benötigen.
Das Nachbarland Spanien ist kurz davor wieder an seine größte Zeit im Fußball anzuschließen. Der Ex-Welt- und Europameister zählt laut zahlreichen Experten auch in Katar zu den großen Favoriten auf den Sieg. Doch in dieser Liga herrscht diesmal großes Gedränge. Schließlich stellte der Vize-Europameister England in den letzten Jahren deutlich unter Beweis, dass die Three Lions auf der internationalen Bühne zurück sind. Damit nicht genug, darf man auch auf die Mannschaften auf den Niederlanden und Belgien nicht vergessen. Beide Teams weisen eine enorme spielerische Klasse auf und könnten für eine Überraschung sorgen. Diese gelang zuletzt auch Kroatien, das in Russland bis in das Finale vorstieß.
Die Spannung bleibt also weiter hoch, bis in vier Monaten die Stars zum ersten Mal die Stadien in Katar betreten. Alle hoffen, dass diesmal Vorfälle, wie jener rund um den dänischen Mittelfeldstar Christian Eriksen im EM-Spiel gegen Finnland, ausbleiben. Die Fans in Deutschland setzen auf eine glorreiche Rückkehr der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft an die Spitze.